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Karpaltunnelsyndrom-Behandlung: Mit oder ohne Operation?

Karpaltunnelsyndrom-Behandlung: Mit oder ohne Operation?

Aktualisiert am 23.10.2024 | 10 Min. Lesezeit
Geprüft von:Frieder Bruckmann

Einleitung

Deine Hand schläft tagsüber häufig ein und nachts wird dein Schlaf durch ein pelziges Gefühl in der Hand gestört? Diese Beschwerden können auf ein Problem im Karpaltunnel hinweisen, der auf der Innenseite deiner Hand verläuft. Hier erfährst du, welche Ursachen dahinterstecken und welche Karpaltunnelsyndrom-Behandlungen erfolgversprechend sind.

 

Das Wichtigste in Kürze
  • Bei einem Karpaltunnelsyndrom wird der Medianusnerv im Handgelenk eingeengt.

  • Zu den häufigsten Symptomen gehören Taubheitsgefühle, Kribbeln und Schmerzen in der Hand, die bis in den Arm ausstrahlen können, besonders nachts.

  • Konservative Behandlungsmethoden wie Physiotherapie und Schienen sind bei leichten bis mittleren Beschwerden oft ausreichend. Bei stärkeren Beschwerden kann eine Operation notwendig sein, um den Medianusnerv zu entlasten.

  • Ergonomische Arbeitsweisen, regelmäßige Dehn- und Kräftigungsübungen sowie das Vermeiden von Überbelastungen können helfen, einem Karpaltunnelsyndrom vorzubeugen.

Ursachen des Karpaltunnelsyndroms

Der Karpaltunnel befindet sich an der Innenseite des Handgelenks und bildet eine wichtige Durchgangsstelle für Sehnen und den Nervus medianus, den sogenannten Mittelarmnerv. Dieser Nerv ist dafür zuständig, dass du im Daumen, Zeige- und Mittelfinger sensorisch empfinden kannst. Eine weitere Aufgabe ist die Steuerung deines Daumenmuskels. Wenn der Nerv eingeengt wird, können typische Beschwerden wie Taubheitsgefühle und Kribbeln auftreten. Die Ursache dafür ist meist eine Volumenzunahme innerhalb des Karpaltunnels, die Druck auf den Nerv ausübt und die Durchblutung verschlechtert. Für die Entstehung der Erkrankung kommen zwei Ursachen infrage:

1. Druck auf die Nerven durch eine mechanische Irritation:

  • knöcherne Fehlstellung nach dem Bruch des Handgelenks

  • Verrenkung im Bereich der Handwurzel

  • Verletzungen oder Infektionen

  • Tumore

  • Sehnenscheidenentzündungen im Rahmen von rheumatischen Erkrankungen

  • knotige Verdickungen der Nerven oder Bandstrukturen

  • angeborene Verengung des Karpaltunnels

  • Überbeanspruchung des Handgelenks z.B. durch eine berufliche Tätigkeit

 

2. Erkrankungen, die die Druckempfindlichkeit der Nerven steigern:

  • Diabetes mellitus

  • Amyloidose

  • Schilddrüsenüberfunktion

  • Karpaltunnelsyndrom in der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren durch hormonelle Veränderungen

In den meisten Fällen bleibt die direkte Ursache unbekannt. Das Karpaltunnelsyndrom hat keine seelischen Ursachen.

Die Symptome des Karpaltunnelsyndroms erkennen

Wird der Mittelarmnerv im Karpaltunnel eingeklemmt, entwickeln sich die Symptome in den Handbereichen, die er versorgt. Die Beschwerden des Karpaltunnelsyndroms entwickeln sich meist schleichend und die Symptome treten anfangs nur zeitweise oder unter Belastung auf. Je mehr die Erkrankung aber voranschreitet, desto intensiver werden die Beschwerden.

Karpaltunnelsyndrom – Symptome im Überblick:

  • Schmerzen in den Fingern, die vom Nervus medianus versorgt werden

  • ausstrahlende Schmerzen in den umliegenden Arm bis hin zur Schulter

  • Schmerzen in der Hand beim Greifen von Gegenständen

  • Missempfindungen wie Brennen oder Taubheitsgefühle in der Hand

  • Kribbeln in der Hand („die Hand schläft ein“)

  • Rückbildung der Handmuskulatur

  • Hand oder Arm schläft nachts ein und es kann zu einem pelzigen Gefühl kommen

Medizinischer Hinweis

Bei Symptomen eines Karpaltunnelsyndroms solltest du keine Selbstheilungsversuche starten, sondern einen Arzt aufsuchen. Bleibt das Karpaltunnelsyndrom unbehandelt, steigt das Risiko für dauerhafte Nervenschädigungen.

Diagnose des Karpaltunnelsyndroms

Viele Patienten fragen sich beim Karpaltunnelsyndrom, welcher Arzt für die Beschwerden zuständig ist. Der Hausarzt ist meist der erste Ansprechpartner. Zudem werden weitere Fachärzte wie Neurologen, Orthopäden oder Handchirurgen bei Diagnostik und Therapie hinzugezogen. Die Diagnose erfolgt in mehreren Schritten, um die genaue Ursache der Beschwerden festzustellen und einen geeigneten Behandlungsplan zu entwickeln.

Anamnese

Zu Beginn des Arztbesuchs stellt dein Arzt dir einige Fragen, beispielsweise zum Auftreten von Taubheitsgefühlen, Kribbeln oder Schmerzen in den Handgelenken und Fingern. Der Arzt erkundigt sich auch nach deiner beruflichen Tätigkeit, bestehenden Vorerkrankungen und Freizeitaktivitäten, die deine Handgelenke belasten könnten. Eine gründliche Anamnese bildet die Grundlage für alle weiteren diagnostischen Maßnahmen und hilft, mögliche andere Ursachen für deine Symptome auszuschließen.

Untersuchung der Hand

Der Arzt überprüft die Beweglichkeit deiner Handgelenke. Dazu legst du deine Handflächen aneinander, ähnlich wie beim Beten, und anschließend drückst du die Handrücken gegeneinander. Der Arzt beobachtet dabei die Flexibilität deiner Handgelenke. Ein erhöhter Druck im Karpaltunnel kann oftmals die Beweglichkeit einschränken, was der Arzt durch diese Methode feststellen kann.

Phalen-Test

Ein weiterer Test, den der Arzt durchführen kann, ist der Phalen-Test. Hierbei drückst du deine Handrücken für etwa eine Minute gegeneinander. Werden dadurch Gefühlsstörungen oder Schmerzen in den Daumen, Zeige- und Mittelfingern ausgelöst, ist dies ein Hinweis auf das Vorliegen eines Karpaltunnelsyndroms.

Neurologische Untersuchung: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit

Für eine Bestätigung der Diagnose wird häufig eine Elektroneurografie (ENG) durchgeführt. Hierbei werden Elektroden an zwei Hautstellen befestigt, die vom Medianusnerv versorgt werden. Durch die Stimulation des Nervs mit einem schwachen elektrischen Impuls kann der Arzt die Nervenleitgeschwindigkeit messen. Eine verminderte Nervenleitungsgeschwindigkeit deutet auf eine Druckschädigung des Nervs hin, was typisch für das Karpaltunnelsyndrom ist.

Bildgebende Verfahren: MRT

In einigen Fällen wird zusätzlich eine kernspintomografische Untersuchung (MRT) eingesetzt. Diese liefert detaillierte Bilder der Handgelenkstrukturen und kann andere Ursachen für die Beschwerden ausschließen sowie wertvolle Hinweise für die weitere Therapieplanung liefern.

Hoffmann-Tinel-Test: Der Karpaltunnelsyndrom-Selbsttest

Ein einfacher Selbsttest kann dir helfen, erste Anzeichen für ein Karpaltunnelsyndrom zu erkennen. Strecke die betroffene Hand aus und klopfe mit dem Zeigefinger der anderen Hand sanft auf die Innenseite des betroffenen Handgelenks. Achte dabei aufmerksam auf mögliche Beschwerden wie Kribbeln, Taubheit oder Schmerzen, die auf einen eingeklemmten Medianusnerv hinweisen könnten. Solltest du solche Symptome bemerken, ist es wichtig, rasch einen Arzt aufzusuchen, um das Fortschreiten eines Nervenschadens oder Muskelabbaus zu verhindern.

Konservative Behandlungsmethoden des Karpaltunnelsyndroms

Die Karpaltunnelsyndrom-Behandlung startet immer im ersten Schritt mit konservativen Therapiemaßnahmen. Bei leichten bis mittleren Beschwerden sind folgende Therapien erfolgversprechend:

Physiotherapie

Übungen zur Kräftigung, Koordination und Dehnung des Handgelenks lindern die Symptome des Karpaltunnelsyndroms. Empfehlenswert ist ebenfalls der Einsatz einer Faszienrolle. Kälteanwendungen können Entzündungen im Handgelenk entgegenwirken. Ein Handgelenk-Tape gibt im Alltag mehr Stabilität.

Lokale Infiltration

Bei der Infiltration spritzt der Arzt ein lokal wirkendes Schmerzmittel oder Kortison in das betroffene Handgelenk. Die Behandlung zielt darauf ab, Schmerzen zu lindern, Entzündungen zu reduzieren und Schwellungen zu verringern. Obwohl die Infiltration effektiv die Symptome mildern kann, behebt sie nicht die zugrunde liegende Ursache des Karpaltunnelsyndroms. Viele Patienten erleben innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Kortison-Injektion eine signifikante Besserung ihrer Beschwerden. Allerdings ist die Langzeitprognose weniger optimistisch: Nach einem Jahr sind lediglich etwa 20 Prozent der Patienten weiterhin beschwerdefrei.

Handgelenkschiene (Orthese)

Eine spezielle orthopädische Schiene stellt das Handgelenk ruhig und entlastet die Handnerven. Bei Schmerzen in der Nacht hilft beim Karpaltunnelsyndrom die Schiene, da der Druck auf das Handgelenk reduziert wird.

Operative Eingriffe zur Behandlung

Führen die konservativen Behandlungsmaßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg, wird dein Arzt eine Karpaltunnel-OP in Betracht ziehen, damit der Mittelarmnerv nicht dauerhaft geschädigt wird.

Um den Medianusnerv zu entlasten, führt der Hand- oder Neurochirurg eine Neurolyse durch, bei der einengende Gewebestrukturen wie übermäßig gewachsenes Bindegewebe entfernt werden. Sollte eine Verdickung des Karpalbands die Ursache der Kompression sein, kann dieses durch einen einfachen Schnitt durchtrennt werden.

Diese Operation kann sowohl als offene Operation als auch endoskopisch (minimalinvasiv) durchgeführt werden.

Neurolyse als ambulante Operation möglich

Die Karpaltunnelsyndrom-OP erfolgt in der Regel unter lokaler Betäubung und kann ambulant durchgeführt werden, sodass ein Krankenhausaufenthalt nicht notwendig ist. Durch die minimalinvasive Technik kann der Chirurg auf einen großen Schnitt verzichten und die Engstelle wird durch eine 0,5 bis 1 cm lange Öffnung in der Handinnenfläche endoskopisch operiert.

Vorteile der offenen Operationsmethode

Die offene Operationsmethode ist besonders dann von Vorteil, wenn umfassendere Erkrankungen der Sehnenscheiden oder anderer Weichteile vorliegen. Sie bietet dem Chirurgen einen umfassenderen Blick auf das Operationsgebiet, sodass er die Gesamtsituation besser beurteilen und entsprechende Maßnahmen ergreifen kann.

Übungen bei Karpaltunnelsyndrom

Patienten mit einem Karpaltunnelsyndrom neigen dazu, ihr Handgelenk in eine steife Schonhaltung zu bringen, um schmerzhafte Bewegungen zu vermeiden. Diese Vorgehensweise kann jedoch langfristig zu Muskelverspannungen und -verkürzungen führen, was die Schmerzen weiter verschlimmert. Spezielle Übungen sind daher wichtig, um das Handgelenk zu dehnen und zu stärken, sodass die Beweglichkeit erhalten bleibt. Befrage vor dem Training deinen Arzt, ob folgende Karpaltunnelsyndrom-Übungen in deinem individuellen Fall geeignet sind.

Kräftigung der Handmuskulatur

Schritt 1

Nimm einen kleinen, weichen Ball locker in deine erkrankte Hand.

Schritt 2

Drücke den Ball mit allen Fingern kräftig zusammen. Halte diese Position einige Sekunden.

Schritt 3

Öffne die Hand und warte einige Sekunden ab, bevor du die Übung wiederholst, damit sich die Muskulatur wieder entspannt. Wiederhole die Übung fünfmal.

2 Minuten

Dehnung des Beugemuskels

Schritt 1

Nimm eine lockere Position im Stehen oder Sitzen ein. Strecke deinen erkrankten Arm nach vorne aus, die Handfläche zeigt nach oben.

Schritt 2

Drücke mit deiner anderen Hand die Finger Richtung Boden, sodass die Handfläche etwas nach vorne zeigt. Spürst du die Dehnung im Beugemuskel deines Handgelenks? Halte die Position für einige Sekunden.

1 Minute

Tipps zur Vorbeugung des Karpaltunnelsyndroms

Ein paar einfache Gewohnheiten und Karpaltunnelsyndrom-Hausmittel können helfen, den Handgelenkbeschwerden vorzubeugen, bevor sie entstehen – vor allem, wenn du beruflich sich wiederholende Tätigkeiten mit deiner Hand ausführen musst.

  • Achte darauf, dass deine Hand häufig in Verlängerung deines Unterarms ausgerichtet ist – vor allem, wenn du Greifbewegungen durchführst.

  • Vermeide Vibrationen im Handgelenk. Aber wo treten diese Schwingungen auf? Z.B. beim Arbeiten mit elektrischen Geräten wie Bohrer oder Heckenschere, aber auch beim Halten des Lenkers von Fahrrad und Motorrad. Rüste deine Ausrüstung deshalb nach ergonomischen Aspekten auf.

  • Gönne deinem Handgelenk bei Beschwerden längere Ruhepausen.

  • Schütze dein Handgelenk vor Kälte. Kalte Temperaturen lassen dein Blut langsamer fließen und Muskeln und Sehnen werden steif.

  • Baue Dehnübungen des Handgelenks in deinen Alltag ein.

Fazit

Das Karpaltunnelsyndrom ist eine häufige Ursache für Schmerzen und Taubheitsgefühle in der Hand. Ob konservative oder operative Behandlungsmaßnahmen – welche Therapie die richtige ist, hängt von der Schwere der Symptome und den individuellen Umständen ab. Wichtig ist in jedem Fall, frühzeitig einen Arzt aufzusuchen, um dauerhafte Nervenschäden zu vermeiden und rechtzeitig geeignete Schritte einzuleiten.

Oft gefragt

Anja Lehner-Ulshöfer
Medical Writerin
Autor

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