Hilfsmittel beim Bandscheibenvorfall – was du tun kannst!
Einleitung
Unsere 23 Bandscheiben sind zwischen den einzelnen Wirbelkörpern platziert und leisten jeden Tag Schwerstarbeit für unseren Körper. Sie ermöglichen die Beweglichkeit der Wirbelsäule und federn die Kräfte ab, die beim Laufen und Heben von Lasten auf unsere Wirbelsäule einwirken. So ist es kein Wunder, dass die Bandscheiben mit der Zeit verschleißen können und Schmerzen verursachen. Wir erklären, wie es zu einem Bandscheibenvorfall kommt und mit welchen Hilfsmitteln und Übungen dein Alltag wieder schmerzfrei wird.
Die Behandlung eines Bandscheibenvorfalls ist in den meisten Fällen konservativ, d.h. ohne Operation möglich.
Schwere Symptome wie Taubheitsgefühle, plötzliche Inkontinenz oder Lähmungserscheinungen bedeuten immer einen Notfall. Suche schnellstmöglich einen Arzt auf.
Mit Hilfsmitteln und speziellen Übungen kannst du den Heilungsprozess fördern und Schmerzen lindern.
Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Etwa 1,2 cm ist eine Bandscheibe hoch und bildet mit ihrem gelartigen Kern, umgeben von einer dicken elastischen Bindegewebshülle, den Puffer zwischen unseren Wirbelkörpern. Ein Bandscheibenvorfall entsteht, wenn der innere Gallertkern einer Bandscheibe durch Risse im äußeren Faserring austritt. Dieser Prozess kann durch Verschleiß und eine unzureichende Nährstoffversorgung der Bandscheiben begünstigt werden, die bereits ab dem 20. Lebensjahr einsetzt. Wenn das Gewebe des Gallertkerns dadurch auf die Spinalnerven oder das Rückenmark drückt, kommt es zu starken Schmerzen und möglichen Gefühlsstörungen wie Kribbeln oder Lähmungen. In vielen Fällen lassen die Schmerzen nach einigen Wochen nach, da der ausgetretene Gallertkern schrumpft und den Druck (Kompression) auf die Nervenwurzeln verringert. Dennoch bleibt die betroffene Bandscheibe abgeflacht, was zu einer dauerhaften Instabilität der Wirbelsäule führen kann. Langfristig können daraus Verschleißerscheinungen an den Wirbelgelenken und chronische Rückenschmerzen entstehen.
Bandscheibenvorwölbung vs. Bandscheibenvorfall: Definition
Eine Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) tritt auf, wenn sich der Gallertkern der Bandscheibe in den Wirbelkanal vorwölbt, während der äußere Faserring noch intakt bleibt. Sie wird als Vorstufe eines Bandscheibenvorfalls bezeichnet und kann ebenfalls Schmerzen und Funktionseinschränkungen verursachen. Im Gegensatz dazu durchbricht bei einem Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps) der Gallertkern den festen Faserring und tritt nach außen.
Häufig betroffene Bereiche
Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule (LWS)
Mit 90 Prozent tritt ein Bandscheibenvorfall am häufigsten an der Lendenwirbelsäule auf. Das liegt daran, dass die Wirbel in diesem Bereich besonders stark belastet sind und das gesamte Gewicht der Wirbelsäule tragen müssen. Neben dem natürlichen Alterungsprozess können auch Übergewicht, schwache Muskulatur und Fehlbelastungen zu einem Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule beitragen.
Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule (HWS)
Fast 10 Prozent der verbleibenden Bandscheibenvorfälle betreffen die Halswirbelsäule (HWS), obwohl sie weniger Gewicht tragen muss als die Lendenwirbel. Ein Bandscheibenvorfall der HWS kann durch plötzliche Kopfbewegungen, Fehlbelastungen und schwere körperliche Arbeit entstehen. Meist ist er eine Folge von Verschleiß der Wirbelsäule, der bereits ab dem 20. Lebensjahr einsetzt.
Bandscheibenvorfall Brustwirbelsäule (BWS)
Die Brustwirbelsäule ist mit insgesamt 1 Prozent aller Bandscheibenvorfälle mit Abstand am seltensten betroffen. Das liegt daran, dass die Wirbelsäule im Bereich der Brustwirbel vom Rippenskelett unterstützt und entlastet wird.
Welche Symptome treten bei einem Bandscheibenvorfall auf?
Bei einem Bandscheibenvorfall treten nicht immer Symptome auf. Probleme entstehen erst, wenn die Bandscheiben einen Nerv oder das Rückenmark einengen. Art und Schwere der Symptome sind abhängig davon, an welcher Stelle der Bandscheibenvorfall auftritt und über welche Dauer der Nerv oder das Rückenmark dem Druck ausgesetzt ist.
Rückenschmerzen: Der Hauptschmerz befindet sich im Bereich des Vorfalls, kann aber auch in umliegende Körperregionen ausstrahlen. Meist setzen die Schmerzen plötzlich ein und nehmen bei Belastung zu. Patienten beschreiben den Schmerz häufig als ziehend und brennend.
Taubheitsgefühle oder Kribbeln: Je nach Ort des Bandscheibenvorfalls spürst du diese Missempfindungen im Umfeld des Rückens, aber auch in Schulter, Armen oder Beinen.
Bewegungseinschränkungen oder Lähmungserscheinungen: Ist die Lendenwirbelsäule betroffen, kann es zu einem Kraftverlust in den Beinen kommen, der sich zum Beispiel bei Treppensteigen bemerkbar macht. Ist die Halswirbelsäule betroffen, kann es dir schwerfallen, deinen Kopf zu bewegen.
Probleme mit dem Wasserlassen und Stuhlgang (Inkontinenz): bis hin zum vollständigen Kontrollverlust.
Eine der schwerwiegendsten Folgen eines Bandscheibenvorfalls im Lendenwirbelbereich ist das Cauda-equina-Syndrom. Die Cauda equina, ein Bündel von Nervenwurzeln im unteren Rücken, kann durch einen Bandscheibenvorfall so massiv gequetscht werden, dass eine Operation notwendig ist, um dauerhafte Schäden zu verhindern. Bei Symptomen wie Lähmungen in den Beinen, Sensibilitätsstörungen, Taubheitsgefühlen und Kribbeln solltest du deshalb sofort einen Arzt aufsuchen. Betroffene können zudem die Kontrolle über Stuhlgang und Wasserlassen verlieren.
Nicht-operative Behandlungsmöglichkeiten beim Bandscheibenvorfall
Ein Bandscheibenvorfall wird heute meistens ohne eine Operation (konservativ) behandelt. Die Therapie konzentriert sich dabei auf die Begleitung des natürlichen Heilungsprozesses des Bandscheibenvorfalls. Diese Zeit bis zur Abheilung sollte für dich möglichst kurz und schmerzfrei sein.
Medikamentöse Therapie
Schmerz- und entzündungshemmende Medikamente aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac helfen die Schmerzen zu reduzieren. Aufgrund des Nebenwirkungspotenzials sollten Nutzen und Risiko in Bezug auf die Anwendungsdauer abgewogen werden. In akuten Fällen können auch zeitlich begrenzt Injektionen mit Kortison oder einem Lokalanästhetikum zur Schmerzlinderung beitragen. Dein Arzt kann auch sogenannte Muskelrelaxantien einsetzen, die zur Entspannung der Muskulatur beitragen. Eine medikamentöse Schmerztherapie solltest du immer mit deinem behandelnden Arzt absprechen, um einen möglichst hohen Nutzen bei geringen Nebenwirkungen zu erhalten.
Physiotherapie und konservative Therapieansätze
Bewegungstherapie: Sie ist eine wichtige Säule in der Behandlung und reicht von Physiotherapie, Ergotherapie bis hin zur Sporttherapie. Die Behandlung zielt darauf ab, deine Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern und die Muskeln im Rücken zu stärken.
Psychologische Schmerztherapie: „Ich muss mich schonen, sonst werden meine Schmerzen schlimmer.“ Kennst du solche und andere Sätze auch, die dich davon abhalten, deine Übungen zu machen und am Sozialleben teilzunehmen? Es stecken Ängste, Stress und Sorgen hinter Sätzen wie diesen, die meist unbegründet sind und deine Rückenbeschwerden verschlimmern. Hier bietet vor allem die kognitive Verhaltenstherapie bei chronischen Rückenschmerzen Hilfe. Sie verbessert dein Schmerzmanagement und unterstützt dich, negative Gedanken hinter dir zu lassen, die deine Heilung gefährden.
Entspannungsverfahren: Die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson kann ebenfalls zur Schmerzreduktion und zur schnelleren Abheilung eines Bandscheibenvorfalls beitragen.
Reizstromtherapie: In der Praxis berichten Patienten von einer Linderung ihrer chronischen Beschwerden durch die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Leider fehlen Studien zum Wirksamkeitsnachweis dieser Therapie.
Wärmeanwendungen: Wärme kann vor allem in Kombination mit einer Bewegungstherapie deine Schmerzen lindern.
Hydrotherapie: Auch Bäder können sich schmerzreduzierend auswirken. Der Auftrieb im Wasser erleichtert die Bewegung und die Muskulatur wird sanft gestärkt.
Die Rolle von medizinischen Bandagen und Orthesen
Zur Bewältigung des Alltags vor allem in der akuten Phase des Bandscheibenvorfalls gibt es Hilfsmittel wie zum Beispiel Bandagen und Orthesen, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Sie helfen dir, dich im Alltag besser zurechtzufinden und möglichst schnell deine Selbstständigkeit wiederzugewinnen.
Bandagen sind elastische, anpassungsfähige Hilfsmittel, die die Wirbelsäule stabilisieren und die Muskulatur unterstützen. Sie werden oft bei leichteren Beschwerden oder in der frühen Genesungsphase eingesetzt. Orthesen hingegen sind stabilere Konstruktionen, die speziell angepasst werden und eine stärkere stützende Funktion haben. Sie kommen meist bei schwereren Fällen oder nach operativen Eingriffen zum Einsatz, um die Heilung zu fördern und die betroffenen Bereiche zu entlasten.
Hilfsmittel beim Bandscheibenvorfall
Es gibt eine Vielzahl von Hilfsmitteln, die zur Behandlung eingesetzt werden und die Schmerzen bei einem Bandscheibenvorfall lindern:
Bandscheibenvorfall – Hilfsmittel im Überblick:
Rückenbandagen beim Bandscheibenvorfall: Bei einem Bandscheibenvorfall bieten Bandagen Unterstützung für den Rücken und können so Schmerzen reduzieren. Wichtig ist eine ausreichend breite Bandage bei einem Bandscheibenvorfall LWS, um die ganze Lendenwirbelsäule zu überbrücken.
Orthesen: Die Orthese entlastet, stabilisiert und korrigiert den Rücken. Durch den sicheren Halt kannst du dich schrittweise wieder sicher und schmerzfrei im Alltag bewegen. Umgangssprachlich nennt man die Orthese auch Korsett für einen geraden Rücken.
Bandscheibenvorfall-Gehhilfen: Gehstöcke oder Rollatoren sind nützlich, wenn Schmerzen in den Beinen auftreten oder die Beweglichkeit eingeschränkt ist. Manchmal kann bei einem Bandscheibenvorfall auch ein Rollstuhl über eine bestimmte Zeit notwendig sein.
Intelligentes Fußhebesystem: Kann dein zentrales Nervensystem nach einem schweren Bandscheibenvorfall Nerven im Fuß nicht mehr ansteuern, ist die funktionelle Elektrostimulation (FES) eine wertvolle Hilfe. Bei diesem individuell an dich angepassten Hilfsmittel lösen kleine elektrische Impulse die Kniebeugung und -streckung aus.
Wärmepflaster: Bei einem Bandscheibenvorfall fördern Wärmepflaster die Durchblutung und helfen, Schmerzen zu lindern.
Schuhe bei Bandscheibenvorfall: Bei einem Bandscheibenvorfall eignen sich Schuhe mit einem anatomisch geformten Fußbett und einer guten Dämpfung, die Stoßbelastungen auf die Wirbelsäule abfedern. Die Körperlast sollte dabei gleichmäßig auf die Fußsohle verteilt werden. Zusätzlich solltest du auf einen aufrechten Gang achten. Ein Korsett gegen Hohlkreuz kann hierbei unterstützend wirken.
Gymnastikball: Ein Gymnastikball fördert bei einem Bandscheibenvorfall die Stärkung der Rumpfmuskulatur und verbessert die Stabilität der Wirbelsäule, indem er dynamisches Sitzen und gezielte Übungen ermöglicht.
Lesekeil: Er ermöglicht eine ergonomischere Sitzposition, was die Wirbelsäule entlastet und Schmerzen reduzieren kann.
Lass dich immer von einem Arzt, Therapeuten oder Sanitätshausexperten beraten, bevor du ein Hilfsmittel anwendest. So stellst du sicher, dass du es korrekt anwendest und das Hilfsmittel für deine individuelle Situation geeignet ist.
Bandscheibenvorfall vorbeugen: Das kannst du selbst tun
Um das Risiko eines Bandscheibenvorfalls zu minimieren, ist es wichtig, die Rückengesundheit aktiv zu fördern und den altersbedingten Verschleiß der Bandscheiben nicht weiter zu verstärken. Achte darauf, schwere Gegenstände möglichst rückenfreundlich zu heben und zu tragen, um unnötige Belastungen zu vermeiden. Eine starke Rücken- und Bauchmuskulatur bietet zudem eine wertvolle Unterstützung, die Bandscheiben zu entlasten und Verletzungen vorzubeugen. Regelmäßige Bewegung ist besonders für Menschen wichtig, die viel sitzen müssen – wechsle zwischen Sitzen und Stehen, um deinem Rücken Abwechslung zu bieten. Ein höhenverstellbarer Arbeitsplatz ermöglicht es dir, häufig die Position zu wechseln. Auch Übergewicht kann die Druckbelastung der Bandscheiben erhöhen. Daher ist es ratsam, auf ein gesundes Körpergewicht zu achten. Eine ergonomische Gestaltung deines Arbeits- und Schlafumfelds, wie ein rückenfreundlicher Stuhl oder eine geeignete Matratze, kann ebenfalls helfen, Rückenbeschwerden zu reduzieren. In der Freizeit können gezielte Bewegungsübungen und Sportarten wie Schwimmen oder Yoga das Sitzen ausgleichen und deine Rückengesundheit fördern. Einige Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine Rückenschule für Vielsitzer.
Übungen zur Stärkung und Schmerzlinderung
Bewegung ist ein wichtiger Baustein in der konservativen Therapie des Bandscheibenvorfalls. Mit gezielten Übungen unterstützt du den natürlichen Heilungsprozess des Bandscheibenvorfalls. Halte vor Trainingsbeginn mit deinem Arzt unbedingt Rücksprache, ob folgende Übungen hinsichtlich des Schmerzausmaßes, klinischen Befunds und der Vorerkrankungen für dich geeignet sind.
Stufenlagerung
Schritt 1
Lege dich mit dem Rücken auf eine Gymnastikmatte.
Schritt 2
Lege deine Unterschenkel im rechten Winkel erhöht auf einen Kissenstapel ab.
Schritt 3
Drücke deinen Lendenwirbelbereich gegen den Boden und spüre die Entlastung.
Mobilisation der Lendenwirbelsäule
Schritt 1
Lege dich auf den Bauch auf eine Gymnastikmatte. Dein Kopf ist seitlich abgelegt. Deine Arme liegen locker links und rechts am Oberkörper.
Schritt 2
Strecke ein Bein nach unten aus, als ob du es nach hinten schieben würdest.
Schritt 3
Wechsle das linke und rechte Bein beim Ausstrecken ab und fahre so eine Minute fort. Deine Lendenwirbelsäule und deine Bandscheiben werden dabei sanft bewegt. Wiederhole die Übung 3-mal mit kurzen Pausen.
Fazit
Ein Bandscheibenvorfall kann deinen Alltag auf den Kopf stellen, ist aber in vielen Fällen ohne operative Eingriffe behandelbar. Bandagen, Orthesen und spezielle Hilfsmittel wie Gehstöcke oder Rollatoren können dir im Alltag helfen, während bewegungsfördernde Maßnahmen wie Physiotherapie und Ergotherapie dafür sorgen, dass deine Wirbelsäule stabil bleibt. Präventiv solltest du auf eine rückenschonende Lebensweise, regelmäßige Bewegung und eine starke Muskulatur achten, um zukünftigen Problemen vorzubeugen. Wichtig ist es, ärztlichen Rat einzuholen und die Therapie auf deine individuellen Bedürfnisse abzustimmen.
Oft gefragt
Unsere Experten beraten dich gerne zu den von deinem Arzt empfohlenen Hilfsmitteln.