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Wadenbeinbruch: Diagnose & Therapie im Überblick

Wadenbeinbruch: Diagnose & Therapie im Überblick

Aktualisiert am 23.01.2025 | 12 Min. Lesezeit
Geprüft von:Angelina Bzdun

Einleitung

Ein Wadenbeinbruch kann durch direkte und indirekte Gewalteinwirkung auf den Unterschenkel verursacht werden. Besonders häufig kommt ein Wadenbeinbruch beim Fußballspielen vor, wenn es zu einem harten Zusammenprall oder zu einer unglücklichen Landung kommt. Wenn Schien- und Wadenbein gleichzeitig gebrochen sind, sprechen Mediziner von einer Unterschenkelfraktur. Wir klären über Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten dieser häufigen Sportverletzung auf.

Das Wichtigste in Kürze
  • Ein Wadenbeinbruch ist oft die Folge eines Unfalls oder Sturzes und kann sowohl allein als auch in Kombination mit einem Schienbeinbruch auftreten. Bei einem kompletten Unterschenkelbruch ist das Schien- und Wadenbein gebrochen.

  • Bei einem Ermüdungsbruch entstehen kleine feine Risse im Knochen durch wiederholte Überbelastung. Bei einem Trümmerbruch ist der Knochen in mehrere Teile zersplittert.

  • Typische Anzeichen sind starke Schmerzen, Schwellungen und Blutergüsse; ein isolierter Wadenbeinbruch kann jedoch oft übersehen werden, da das Wadenbein weniger Gewicht trägt.

  • Die Diagnose erfolgt durch Anamnese, körperliche Untersuchung und bildgebende Verfahren wie Röntgen oder CT. Die Behandlung variiert von konservativen Methoden wie Gips bis hin zu operativen Eingriffen.

Schien- und Wadenbeinbruch: Ein Überblick

Der Unterschenkel setzt sich aus zwei Knochen zusammen: die Tibia (Schienbein) und die Fibula (Wadenbein). Diese beiden Knochen sind über ihre gesamte Länge durch eine Bindegewebsschicht, die sogenannte Membrana interossea, miteinander verbunden. Sind beide Knochen gleichzeitig gebrochen, handelt es sich um eine komplette Unterschenkelfraktur. Ist hingegen nur einer der beiden Knochen betroffen und der andere bleibt intakt, so wird dies als isolierte Tibiafraktur (Schienbeinbruch) oder isolierte Fibulafraktur (Wadenbeinbruch) bezeichnet. Ein isolierter Wadenbeinbruch ist selten. Der Schienbeinbruch hingegen tritt am häufigsten in der Nähe des Sprunggelenks auf. An dieser Stelle hat der Schienbeinknochen den geringsten Durchmesser. Aber auch der obere Teil des Schienbeins ist verletzungsgefährdet. Im oberen Bereich des Schienbeins verbreitert sich der Knochen zum Schienbeinkopf und bildet zusammen mit dem unteren Teil des Oberschenkels das Kniegelenk. Bei einem Schienbeinkopfbruch liegt ein Bruch am oberen Teil des Schienbeins vor. Meist sind knöcherne Bereiche des Kniegelenks, Kapseln, Bänder und der Meniskus mitbetroffen.

Ursachen eines Wadenbeinbruchs

Direkte traumatische Ursachen

Durch eine direkte Krafteinwirkung nimmt der Knochen Schaden und bricht. Dies kann z.B. bei einem Unfall passieren, bei dem ein Fußgänger von einem fahrenden Auto erfasst wird. Aber auch beim Fußball können durch ein Foul schwere Verletzungen entstehen. Trifft der gegnerische Fuß auf die äußere Seite des Unterschenkels, kann auch ein isolierter Wadenbeinbruch die Folge sein. Meist handelt es sich aber um komplexe Verletzungen, bei denen auch das Weichteilgewebe geschädigt wurde.

Indirekte traumatische Ursachen

Wird der Fuß außerhalb seines natürlichen Bewegungsradius verdreht, kommt es zu einer indirekten Krafteinwirkung. Dies kann bei allen Sportarten mit abrupten Drehbewegungen der Fall sein, zum Beispiel beim Snowboard- und Skifahren oder beim Fußballspielen. Kommt es bei Überlastung zu Haar- oder Faserrissen im Knochen, sprechen Mediziner von einem Ermüdungsbruch des Schienbeins oder Wadenbeins.

Symptome und Diagnose

Ein Bruch des Schien- und Wadenbeins kann offen oder geschlossen sein.

  • Offener Bruch: Bei dem Bruch sind Haut und Weichteile verletzt und es kommt zu einer offenen Wunde.

  • Geschlossener Bruch: Bei der geschlossenen Fraktur sind das Schien- und Wadenbein gebrochen. Die Knochen durchbrechen aber nicht die Haut.

Typische Symptome eines Wadenbeinbruchs

Bei einem Bruch des Schien- und Wadenbeins (Unterschenkelfraktur) leidet der Betroffene gewöhnlich unter erheblichen Schmerzen und kann das Bein weder belasten noch den Unterschenkel im Knie beugen. Zu den typischen Anzeichen gehören Schwellungen und Blutergüsse (Hämatome) im verletzten Bereich. Oftmals treten auch Schürfwunden und Weichteilverletzungen begleitend auf.

Ein isolierter Bruch des Wadenbeins kommt selten vor. Die Symptome sind oft weniger ausgeprägt. Dieser Bruch kann leicht übersehen werden, da das Schienbein den Großteil des Körpergewichts trägt und Betroffene trotz des gebrochenen Wadenbeins häufig noch normal gehen können. Häufig sind beim Wadenbeinbruch auch das obere Sprunggelenk oder das Fibulaköpfchen verletzt.

Diagnoseverfahren

Das Krankenhaus, ein Orthopäde oder ein Unfallchirurg sind für die Diagnosestellung die erste Anlaufstelle. So gehen die Ärzte vor, um das Ausmaß der Verletzung festzustellen:

Anamnese: Der Arzt befragt dich zum Unfallhergang und deinen Schmerzen.

  • Wie lief der Unfall genau ab?

  • Kannst du dein Bein belasten?

  • Sind Bewegungen möglich?

  • Bestanden schon vorher Probleme?

Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht dein verletztes Bein. Er begutachtet eine mögliche Wunde, achtet auf sichtbare Fehlstellungen und überprüft dein Bein auf Druckschmerzen und Knirschgeräusche. Der Arzt prüft den Puls und testet Reflexe sowie deine Hautempfindlichkeit. Dadurch erhält er Hinweise, ob Blutgefäße oder Nerven verletzt sind.

Röntgenuntersuchung: Auf einem Röntgenbild von vorne und von der Seite kann die Verletzung meist recht gut dargestellt werden. Dabei werden das Sprung- und Kniegelenk meist mitgeröntgt, um keine Begleitverletzungen zu übersehen.

Computertomografie (CT): Je nach Lokalisation und Art des Bruchs kann eine CT-Aufnahme notwendig sein. In der dreidimensionalen Darstellung kann z.B. ein Bruchverlauf besser beurteilt werden.

Weiterführende Untersuchungen:

  • Magnetresonanztomografie (MRT): Ein MRT kommt zum Einsatz, wenn der Verdacht auf Verletzungen von Weichteilen wie Meniskus oder Bändern besteht.

  • Gefäßdiagnostik: Besteht der Verdacht auf Verletzungen des Gefäßsystems, kann ein Doppler-Ultraschall oder eine Angiografie notwendig sein.

  • Gewebedruckmessungen: Sie sind notwendig, wenn der Verdacht auf ein Kompartmentsyndrom besteht.

Medizinischer Hinweis

Verstaucht oder gebrochen?

Nach einem Sturz oder Umknicken des Fußes kann man anhand der Symptome nicht immer klar erkennen, ob es sich um einen Bruch oder eine Verstauchung handelt. Deshalb solltest du bei starken Schmerzen, Schwellungen und Blutergüssen einen Arzt aufsuchen. Bei Schmerzen z.B. am Sprunggelenk kann nur ein Arzt feststellen, ob es sich um eine Verstauchung, eine Bandverletzung oder einen Bruch handelt.

Wie behandelt man einen Schien- oder Wadenbeinbruch?

Bei der Behandlung eines Bruchs kommen zwei Verfahren infrage: die konservative Behandlung und die Operation.

Bei einem geschlossenen, einfachen Wadenbeinbruch wird das Bein meist eingegipst und später mit einer Orthese versorgt. Ist das Schien- oder Wadenbein komplett durchgebrochen, ist meist eine sofortige Operation notwendig. Auch bei einem Trümmerbruch wird operiert. Dabei ist der Knochen in mehrere Bruchstücke aufgesplittert und muss wieder akkurat zusammengesetzt werden. Die Knochen werden mit Hilfe von Schrauben, Drähten, Nägeln und Platten fixiert, um wieder richtig zusammenzuheilen.

Medizinischer Hinweis

Thromboseprophylaxe bei Ruhigstellung: Die eingeschränkte Beweglichkeit im Gips verringert die Blutflussgeschwindigkeit in den Venen, was das Risiko für Blutgerinnsel (Thrombosen) erhöht. Vorbeugende Maßnahmen wie z.B. blutverdünnende Medikamente oder spezielle Übungen helfen, dieses Risiko zu minimieren und schwere Komplikationen wie eine Lungenembolie zu verhindern.

Heilungsverlauf und Komplikationen beim Wadenbeinbruch

Nach der Erstversorgung der Verletzung stellen sich vor allem für aktive Sportler verschiedene Fragen: Wie lange dauert es, bis ein Wadenbeinbruch heilt? Und: Wie verläuft die Heilung eines Wadenbeinbruchs? Die Antworten auf diese Fragen sind entscheidend davon abhängig, ob es sich um einen kompletten Unterschenkelbruch handelt oder ob nur das Wadenbein gebrochen ist. Zudem ist bei Weichteilverletzungen und Trümmerbrüchen häufiger mit Komplikationen im Heilungsverlauf zu rechnen.

Wadenbeinbruch: Heilungsverlauf und Dauer

Einfache Brüche des Wadenbeins heilen meist nach ca. 6 Wochen aus. Bei offenen, komplizierteren Brüchen des Unterschenkels dauert die Heilungsphase deutlich länger. Musste deine Verletzung operiert werden, solltest du mit etwa 4 Wochen Ruhigstellung rechnen, bevor das Bein langsam wieder belastet werden darf. Sprich mit deinem behandelnden Arzt, ab welchen Zeitraum die Physiotherapie für Muskelaufbau und Beweglichkeit unterstützen darf. Bis zur Vollbelastung für Sportler können bis zu sechs Monate vergehen.

Mögliche Komplikationen

  • Thrombose: Durch die lange Ruhigstellung des Beines besteht die Gefahr einer tiefen Beinvenenthrombose.

  • Nerven- und Gefäßverletzungen: Knochenfragmente können umliegende Nerven oder Blutgefäße verletzen, was zu Durchblutungsstörungen oder neurologischen Defiziten führen kann. Auch während der Operation kann es zu ungewollten Verletzungen von Nerven und Gefäßen im Operationsgebiet kommen.

  • Pseudoarthrose: Verschließt sich der Knochenspalt nicht richtig, kann es sowohl nach einer OP als auch nach einer konservativen Behandlung ohne OP zu einer Pseudoarthrose (falsches Gelenk) kommen. Durch das falsche Ausheilen kann eine Fehlstellung entstehen.

  • Kompartmentsyndrom: Durch eine Flüssigkeitsansammlung in den Muskelgruppen (Kompartimente) nach einem Knochenbruch kann der Druck im Gewebe steigen und die Blutversorgung stören. In Folge kommt es zu Schmerzen und geschwollenen Muskelgruppen. Wird das Kompartmentsyndrom zu spät entdeckt oder gar übersehen, drohen dauerhafte Schäden. Zu den Kompartmentsyndrom-Spätfolgen zählen u.a. geringe Belastbarkeit, chronische Schmerzen ­– schlimmstenfalls sogar ein schockartiges Multiorganversagen mit Todesfolge. Ein Kompartmentsyndrom – ob an der Wade oder einem anderen Körperteil – ist immer ein medizinischer Notfall und erfordert eine sofortige ärztliche Behandlung.

  • Tibiakopffraktur-Spätfolgen: Die Spätfolgen einer Schienbeinkopffraktur reichen von eingeschränkter Belastbarkeit über frühzeitigen Gelenkverschleiß bin hin zu chronischen Schmerzen.

Tipps zur Heilungsbeschleunigung

  • Halte die notwendige Ruhe und Entlastung ein. Damit kannst du auch bei einem Ermüdungsbruch die Heilung beschleunigen.

  • Belaste nicht zu früh das verletzte Bein und halte dich genau an die Vorgaben deiner Ärzte.

  • Denke an die Thrombosespritze. Bei einer Ruhigstellung des Beins erhältst du in der Regel jeden Tag eine Thrombosespritze. Falls du die Spritze vergisst, droht ein Blutgerinnsel und im schlimmsten Fall eine lebensgefährliche Lungenembolie.

  • Kratze dich nicht unter dem Gips: Vor allem das Kratzen mit der Stricknadel birgt das Risiko von Hautverletzungen und Infektionen.

Prävention und Nachsorge

Eine Wadenbeinfraktur lässt sich nicht vollständig verhindern, da sie häufig das Resultat eines Unfalls oder Sturzes ist. Trotzdem gibt es einige Maßnahmen, die zur Vorbeugung beitragen können. Besonders wichtig ist es, dass du dich vor dem Sport gut aufwärmst. Bei den ersten Anzeichen von Ermüdung solltest du eine Pause einlegen, da die meisten sportbedingten Unfälle bei Erschöpfung passieren. Auch die richtige Ausrüstung spielt eine Rolle: Geeignete Schuhe und Schutzausrüstungen können das Risiko eines Sturzes und somit auch einer Waden- und/oder Schienbeinfraktur verringern.

Maisonneuve-Fraktur: Ein spezieller Fall

Eine besondere Form des Wadenbeinbruchs ist die Maisonneuve-Fraktur. Das Wadenbein ist direkt unter dem Wadenbeinköpfchen gebrochen. Dabei sind auch die Bandstrukturen zwischen Schienbein und Wadenbein sowie die verbindende Bindegewebsmembran verletzt. Häufig kommt es zusätzlich zu einem Bruch des Innenknöchels. Obwohl der Bruch des Wadenbeins weit oben liegt, konzentrieren sich die Schmerzen und Symptome hauptsächlich auf das Sprunggelenk, was die Diagnose erschweren kann.

Fazit

Ein Wadenbeinbruch ist häufig die Folge eines Unfalls oder Sturzes und betrifft selten isoliert das Wadenbein. Meist sind zusätzlich weitere Knochen oder Weichteile mitbetroffen. Eine gründliche Diagnose und passende Behandlung, ob konservativ oder operativ, sind essenziell für eine erfolgreiche Heilung. Maßnahmen zur Prävention, wie das Aufwärmen vor sportlichen Aktivitäten und das Tragen geeigneter Schutzbekleidung, können das Risiko eines Bruchs reduzieren.

Oft gefragt

Anja Lehner Ulshöfer
Anja Lehner-Ulshöfer
Medical Writerin
Autor

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Literatur und weiterführende Informationen