Mutter mit Demenz: Zwischen Liebe, Verlust und Hoffnung

Karin Pütz
Karin Pütz16.4.2025 • Lesedauer: 4 Min.
Mutter mit Demenz: Zwischen Liebe, Verlust und Hoffnung

Eine Krankheit, die alles verändert

Wenn deine Mutter oder dein Vater die Diagnose „Demenz“ erhalten, so ist dies oft der Beginn eines schweren Weges, der nicht nur der betroffenen Person, sondern auch dir und allen anderen Angehörigen einiges abverlangt. Am Ende dieses Weges wird ein Abschied stehen – ein endgültiger Abschied von einem ehemals vertrauten und geliebten Menschen, manchmal Jahre bevor diese Person tatsächlich verstirbt – egal, ob an Komplikationen, die durch die Demenz entstehen oder an einer anderen Krankheit. Es kann passieren, dass du an den Punkt kommst, an dem der Mensch neben dir nichts mehr gemein zu haben scheint mit der Person, die du einst als dein Elternteil gekannt und geliebt hast. Es ist eine Reise, die dir in vielen Momenten das Herz brechen kann, dich eventuell verzweifeln lässt, dir zugleich aber auch helfen kann, nach und nach loszulassen. So war es jedenfalls bei mir und meiner Mutter.

Ein schleichender Beginn…

Als meine Mutter die Diagnose Demenz erhielt, hätte dies eigentlich keine Überraschung sein dürfen. Schon seit geraumer Zeit verhielt sie sich merkwürdig, war nervös und unruhig. Wenn ich sie fragte, was los sei, hieß es immer nur: „Ach, nichts…“ Leider wurde es schon bald schlimmer. Wenn sie etwas sagen wollte, fielen ihr die Worte immer seltener ein, sie geriet ins Stottern und verstummte dann. Dennoch versuchte ich beharrlich, die Wahrheit zu ignorieren. Ein bisschen Vergesslichkeit mit über 80 Jahren kann ja wohl sein, oder? Ich verschloss die Augen vor der Realität. Das große Wort DEMENZ machte mir einfach viel zu viel Angst.

Demenz kündigt sich oft lange vorher an

5 frühe Anzeichen für Demenz
  • Vergesslichkeit, häufiges Verlegen von Gegenständen

  • Probleme bei gewohnten Tätigkeiten und einfachen Problemlösungen

  • räumliche und zeitliche Orientierungsprobleme

  • Wortfindungsschwierigkeiten und Schreibschwäche

  • Stimmungsschwankungen

Die Verbindung reißt ab

Die Ausfälle nahmen zu. Auch meine Mutter schien deutlich zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Vor allem – und bald auch vor jedem – hatte sie Angst. Hinzu kamen ein krankhaftes Misstrauen, Verfolgungswahn und Halluzinationen. Immer weniger konnte ich zu ihr vordringen. Egal, worum es ging, sie zeigte sich zunehmend unnahbar und desinteressiert. Ich konnte mit meiner Mutter im gleichen Raum sein, neben ihr sitzen und ihr über den Arm streichen – ohne dass sie die geringste Regung gezeigt hätte. Da war keinerlei Verbundenheit, keine Zuneigung mehr, sondern schlicht NICHTS. Erst allmählich dämmerte mir der Grund dafür: Sie erkannte mich nicht mehr!

Plötzlich ein anderer Mensch

Das allein war schon schwer zu ertragen. Als fast noch schlimmer empfand ich es aber, dass sich auch ihre Persönlichkeit massiv veränderte. Sie wurde aufmüpfig, unberechenbar, oft sogar aggressiv. Wenn ich sie bat, einen Schluck Wasser zu trinken, konnte es passieren, dass sie mir das Wasser einfach ins Gesicht goss. Immer häufiger versuchte sie wegzulaufen. Fragte ich sie, wohin sie denn wolle, so antwortete sie jedes Mal „nach Hause zu meinen Eltern“. Allerdings waren meine Großeltern damals bereits seit über vierzig Jahren tot. Den Ort, den meine Mutter herbeisehnte, jener Ort, an dem sie in ihrer Kindheit gelebt hatte, den gab es längst nicht mehr. Aber natürlich war es nicht möglich, ihr das zu erklären.

Rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen

Rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen

Hinzu kam, dass meine Mutter zunehmend nicht mehr in der Lage war, sich selbst um ihre Körperhygiene zu kümmern und sehr bald auch inkontinent wurde. Ein Urinkatheter hätte sie sich aller Wahrscheinlichkeit nach rausgerissen – also griffen wir für sie zu Windeln und Pants. Eines Tages stürzte sie – ohne ersichtlichen Grund. Wahrscheinlich hatte sie einfach vergessen, wie das Gehen funktioniert. Danach versuchte sie es nie wieder, lag tagsüber in ihrem Pflegebett oder saß in ihrem Pflegerollstuhl. Etwas mehr als ein Jahr später war dann der traurige Tag gekommen, an dem wir uns ganz von ihr verabschieden mussten. Sie schlief friedlich ein.

Wie ich zurück zu alter Lebensfreude gefunden habe

Nach dem Tod meiner Mutter fiel ich zunächst in ein dunkles Loch. Außerdem machte mir der Gedanke Angst, dass ich die gleiche Krankheit bekommen könnte. Als ich den Entschluss gefasst habe, alles in meiner Macht Stehende zu tun, damit mir das nicht passiert, ging es mir allmählich wieder besser.

(Jürgen B., 57 Jahre)

Gut zu wissen

Laut aktuellen Studien könnten bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen durch eine Anpassung des Lebensstils vermieden werden. Darauf solltest du achten:

  • ausreichend Bewegung

  • gesunde Ernährung, vermeide Übergewicht

  • verzichte auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum

  • genügend Schlaf

  • soziale Kontakte (Einsamkeit und Depressionen erhöhen das Risiko an Demenz zu erkranken.)

Mitarbeiterin bei joviva, Karin Pütz, Content Writerin

Karin Pütz

Karin Pütz arbeitet als Journalistin und Autorin für verschiedene deutsche Verlage und Fernsehsender. Neben wissenschaftlich-medizinischen Fachbüchern, die in enger Zusammenarbeit mit Ärzten entstanden sind, hat sie Biografien (von Prominenten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens) sowie Kinderbücher veröffentlicht. Darüber hinaus verfügt sie über langjährige Erfahrung als Redakteurin im News-, Wissenschafts- und Magazinbereich.

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