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Wirbelgleiten im Rücken: Ursache, Symptome & Behandlung

Wirbelgleiten im Rücken: Ursache, Symptome & Behandlung

Aktualisiert am 23.10.2024 | 9 Min. Lesezeit
Geprüft von:Frieder Bruckmann

Einleitung

Morgens nach dem Aufstehen empfindest du ein leichtes Ziehen im unteren Rücken? Oder ist es eher ein stechender Schmerz im Lendenbereich, der dich quält? Auch Schmerzen in der Schulter, die bis in die Arme und Hände ausstrahlen sind möglich. So unterschiedlich die Beschwerden auch sein mögen, sie können dennoch auf das gleiche Problem hindeuten – auf das sogenannte Wirbelgleiten. Einer oder auch mehrere Wirbel können davon betroffen sein. Da sie instabil sind und sich verschieben, werden sie Gleitwirbel genannt.

Das Wichtigste in Kürze
  • Beim Wirbelgleiten schiebt sich ein instabiler Wirbel über einen anderen. Manchmal sind auch gleich mehrere Wirbel instabil.

  • Etwa zwei bis vier Prozent der Deutschen leiden an Wirbelgleiten.

  • Im fortgeschrittenen Stadium kann Wirbelgleiten zu starken Schmerzen, Nervenschäden und Bewegungseinschränkungen führen. Es ist jedoch in der Regel gut behandelbar, sodass es nicht so weit kommen muss.

Was ist Wirbelgleiten?

Normalerweise sind die Wirbel deiner Wirbelsäule übereinander aufgereiht und sitzen fest an ihrem Platz, wo sie von Bändern, Sehnen und Muskeln gehalten werden. Leidest du jedoch an Wirbelgleiten (Spondylolisthesis oder kurz Listhese genannt), dann ist das nicht so. Ein oder mehrere Wirbelkörper verschieben sich. Sie werden Gleitwirbel genannt. Rutscht dein Gleitwirbel nach vorn über den darunterliegenden, so spricht dein Arzt von einer Anterolisthese. Gleitet der instabile Wirbel nach hinten, so wird dies als Retrolisthese bezeichnet. Im fortgeschrittenen Stadium kann Wirbelgleiten zu Schmerzen, Nervenschäden und Bewegungseinschränkungen führen. Doch so weit muss es nicht kommen, denn in der Regel ist das Wirbelgleiten gut behandelbar.

Welche Ursachen haben Gleitwirbel?

Wirbelgleiten kann verschiedene Ursachen haben. Hier haben wir sie für dich zusammengefasst:

  • Eine angeborene, erblich bedingte Fehlbildung der Wirbelsäule: Hier liegt meist eine angeborene Schwäche des Wirbelbogens vor. Er ist unterbrochen und damit instabil. Das Wirbelgleiten beginnt dann meist in der Pubertät.

  • Altersbedingter Verschleiß: Durch die von Jahr zu Jahr fortschreitende Abnutzung werden die Wirbelkörper instabiler. Die Bandscheiben werden zusammengedrückt und die Wirbelkörper rutschen enger zusammen. Gleichzeitig lockern sich die sie umgebenden Sehnen und Bänder. Das hat zur Folge, dass die Wirbel leichter aus der Wirbelsäule rutschen. Verschleißbedingtes Wirbelgleiten tritt meist ab einem Alter von rund 60 Jahren auf.

  • Brüche (etwa durch Sturz oder Unfall): Ein Bruch im Bereich der Gelenkfortsätze kann zu Wirbelgleiten führen.

Kann man mit Wirbelgleiten arbeiten?

Wirbelgleiten und zur Arbeit gehen, das schließt sich bei akuten Schmerzen in der Regel aus. Dein Arzt wird dich sehr wahrscheinlich krankschreiben. Ist sogar eine OP wegen deines Wirbelgleitens nötig, bist du zunächst arbeitsunfähig – für wie lange, das hängt stark von deinem Job ab. Es kann zwischen vier Wochen und drei Monaten dauern, bis du wieder voll einsatzfähig bist. Denkst du darüber nach, wegen des Wirbelgleitens frühzeitig in Rente zu gehen, so sind deine Aussichten auf Erfolg leider nicht besonders gut. Die Deutsche Rentenversicherung lehnt viele solcher Anträge ab.

Wo tritt Wirbelgleiten am häufigsten auf?

Die Wirbelsäule ist das Stützgerüst deines Körpers und sorgt dafür, dass du aufrecht stehen kannst. Tag für Tag wird sie stark beansprucht, da kann es leicht passieren, dass irgendwann ein Wirbel verrutscht. Insgesamt leiden etwa zwei bis vier Prozent der Deutschen an Wirbelgleiten. Besonders oft trifft es die Halswirbelsäule und die Lendenwirbelsäule, manchmal auch die Brustwirbelsäule.

 

Wirbelgleiten HWS (Halswirbelsäule)

Dein Gleitwirbel befindet sich in der Halswirbelsäule (HWS)? Dann vermeide es nach Möglichkeit, den Kopf nach vorne oder hinten zu beugen, da dies deine Schmerzen verstärken kann. Auch ruckartige Bewegungen solltest du nach Möglichkeit vermeiden.

Wirbelgleiten BWS (Brustwirbelsäule)

Ein Wirbelgleiten in der Brustwirbelsäule kommt vergleichsweise selten vor. Verschleiß ist in diesem Falle meist nicht die Ursache für die Instabilität, sondern eher ein Bruch. Der kann zum Beispiel die Folge eines Unfalls sein. Auch ein Tumor kommt als Auslöser in Frage. Befindet sich dein Gleitwirbel in der BWS (Brustwirbelsäule), so ist meist eine Operation nötig, in der der betroffene Wirbelsäulenabschnitt stabilisiert wird. Ist ein Tumor vorhanden, so wird er entfernt.

Wirbelgleiten LWS (Lendenwirbelsäule)

In der Lendenwirbelsäule tritt das Wirbelgleiten besonders häufig auf. Meist ist Verschleiß die Ursache für einen Gleitwirbel in der LWS. Aber auch ein Spalt in den Wirbelbögen (Spondylolyse) kann der Auslöser sein.

Welche Symptome sind bei Wirbelgleiten zu erkennen?

Wirbelgleiten kann sich durch unterschiedliche Symptome bemerkbar machen – je nachdem, wo sich dein Gleitwirbel befindet. Wo das ist, ist jedoch nicht immer einfach festzustellen, da der Schmerz in andere Körperregionen ausstrahlt. So kann zum Beispiel Wirbelgleiten in der Lendenwirbelsäule zu Schmerzen in der Hüfte führen. Damit du leichter erkennst, womit genau du es zu tun hast, haben wir für dich die unterschiedlichen Symptome aufgelistet.

 

Symptome von Wirbelgleiten in der LWS

Wirbelgleiten in der Lendenwirbelsäule kann mit starken Schmerzen verbunden sein. Gehe auf jeden Fall rasch zum Arzt und verzichte darauf, dich zunächst selbst heilen zu wollen. Mit instabilen Wirbeln ist nicht zu spaßen, doch unter fachmännischer Anleitung sind sie gut behandelbar. So macht sich Wirbelgleiten in der Lendenwirbelsäule bemerkbar:

  • tief sitzende Rückenschmerzen

  • Schmerzen in den Beinen

  • Taubheitsgefühl in den Beinen

  • Bewegungseinschränkungen bis hin zu Lähmungserscheinungen

 

Symptome von Wirbelgleiten in der HWS

Auch bei Wirbelgleiten in der Halswirbelsäule kann es zu einigen Symptomen kommen, die du unbedingt ernst nehmen und von einem Arzt abklären lassen solltest. So macht sich Wirbelgleiten in der Halswirbelsäule bemerkbar:

  • Schmerzen, die bis in die Schulter, Arme und Hände ausstrahlen

  • Taubheitsgefühl, Schwellungen, Hitze-/Kälte-Missempfinden in den Armen und Händen

  • ein Gefühl von Instabilität der Wirbelsäule im Hals-Nacken-Bereich

 

Symptome von Wirbelgleiten in der BWS

Wirbelgleiten in der Brustwirbelsäule kommt seltener vor als in der Hals- oder Lendenwirbelsäule, ist aber nicht weniger ernst zu nehmen. So äußert es sich:

  • Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule

  • eventuell Atemnot

  • Instabilitätsgefühl

 

Welche Schweregrade gibt es bei Wirbelgleiten?

Dein Arzt beurteilt den Schweregrad deines Wirbelgleitens nach der so genannten Meyerding-Klassifikation. Ausschlaggebend ist der Grad der Abweichung eines Wirbelkörpers (Versatz) zum darunterliegenden. Hier die genaue Auflistung für dich: Wirbelgleiten Grad 1 beschreibt einen Versatz von weniger als 25 Prozent. Wirbelgleiten Grad 2 umfasst einen Versatz von 25 bis 50 Prozent, Wirbelgleiten Grad 3 einen Versatz von 51 bis 75 Prozent und schließlich Wirbelgleiten Grad 4 einen Versatz von mehr als 75 Prozent.

Diagnose Wirbelgleiten: Wie stellt man eine Spondylolisthesis fest?

Um die Diagnose Gleitwirbel sicher und möglichst konkret stellen zu können, wird dein Arzt mehr als nur eine Untersuchung durchführen. Erster Ansprechpartner sollte dein Hausarzt sein. Er wird dich dann an einen Wirbelsäulenspezialisten (Orthopäde oder Neurochirurg) überweisen.

 

Gespräch und Tastuntersuchung

Dein Arzt wird sich von dir zunächst in einem ausführlichen Gespräch deine Symptome schildern lassen. Außerdem wird er dich nach Vorerkrankungen befragen und danach, wie lange deine Probleme bereits bestehen. Anschließend folgt eine Tastuntersuchung. Damit will dein Arzt herausfinden, ob er bereits eine Verformung der Wirbelsäule feststellen kann. Darüber hinaus wird sich dein Arzt deine Wirbelsäule mithilfe eines bildgebenden Verfahrens anschauen wollen und deshalb zunächst eine Röntgenuntersuchung empfehlen.

 

Röntgen bei Wirbelgleiten

Auf einem Röntgenbild kann dein Arzt das Wirbelgleiten und eventuell vorhandene weitere Veränderungen der Wirbelsäule in der Regel zuverlässig erkennen. Je nachdem, wo der Gleitwirbel sitzt und wie stark das Wirbelgleiten bereits ausgeprägt ist, kann es dennoch notwendig sein, das Röntgenbild durch weitere bildgebende Verfahren wie CT (Computertomografie) und MRT (Magnetresonanztomografie) zu ergänzen.

 

CT bei Gleitwirbeln

Ein CT wird häufig als Ergänzung des Röntgenbildes durchgeführt. Dieses bildgebende Verfahren (arbeitet mit Röntgenstrahlen) zeigt nicht nur, wo genau der Gleitwirbel sitzt, sondern gibt auch Auskunft darüber, in welchem Zustand die ihn umgebenden knöchernen Strukturen sind.

 

MRT-Diagnose bei Wirbelgleiten

Auch mit einer Magnetresonanztomografie (ist anders als das CT strahlungsfrei) lässt sich ein Gleitwirbel sehr gut sichtbar machen. Das MRT liefert ein sehr detailliertes Bild. Auch Bandscheiben, Sehnen, Bänder und Nervenwurzeln des betroffenen Bereichs sind darauf zu erkennen. Das MRT zeigt zum Beispiel auch, wenn du unter Spondylarthrose (Verschleiß der Gelenkknorpel) leidest oder an einem Bandscheibenvorfall. Bei Letzterem fragst du dich dann vielleicht: Es ist also ein Bandscheibenvorfall.

Medizinischer Hinweis

Kein Grund zur Sorge! Die Behandlungsmethoden ähneln denen bei Gleitwirbeln. Wende dich am besten an deinen Arzt und lass dich beraten.

Welche Behandlungsmethoden gibt es bei Gleitwirbeln?

Vielleicht stellst du dir gerade die Frage, wie du dein Wirbelgleiten am besten behandeln lassen solltest. Welche Therapie für dich die richtige ist, hängt in erster Linie vom Schweregrad deines Wirbelgleitens ab. Aber es gibt auch andere Faktoren, die bei deiner Wahl eine Rolle spielen sollten – zum Beispiel eventuell vorhandene Vorerkrankungen. Lass dich deshalb von deinem Arzt beraten. Er kennt die für dein spezielles Wirbelgleiten am besten geeignete Behandlung.

 

Konservative Behandlung bei Gleitwirbel

In etwa 90 Prozent der Fälle reicht bei Wirbelgleiten eine konservative Therapie. Das heißt, du kannst auf eine Operation verzichten. Bei akuten Beschwerden ist es manchmal sinnvoll, für kurze Zeit Schmerzmittel einzunehmen. Sprich aber unbedingt zuvor mit deinem Arzt darüber. Fange baldmöglichst mit regelmäßiger Bewegung und leichtem Training an. Die Kräftigung deiner Muskulatur ist ausschlaggebend dafür, dass sie deine Wirbelsäule gut stützen kann. Lass dir Übungen zeigen, zum Beispiel von einem Physiotherapeuten, die für deinen speziellen Fall hilfreich sind.

 

Operative Behandlung bei Wirbelgleiten

Leidest du an Dauerschmerzen und hat deine Erkrankung bereits einen hohen Schweregrad erreicht, so kann es notwendig werden, dein Wirbelgleiten zu operieren. Das ist besonders dann der Fall, wenn du bereits unter Nervenschäden und fortgeschrittenem Taubheitsgefühl in Armen oder Beinen leidest. Auch bei Wirbelgleiten sollte eine OP aber immer das letzte Mittel sein. Bei dem Eingriff wird der verrutschte Wirbelkörper in seine eigentliche Position zurückgebracht und dort stabilisiert (zum Beispiel mit schraubenähnlichen Implantaten). Ist nur ein Wirbel betroffen, dauert die OP in der Regel ein bis zwei Stunden. Sind mehrere Wirbel betroffen, kann es deutlich länger werden. Eine Gleitwirbel-OP birgt gewisse Risiken, denn sie findet unter Narkose statt. Außerdem kann die Wunde nachbluten, Wundheilstörungen und Infektionen sind nicht vollkommen ausgeschlossen. Das gilt allerdings für jede Operation.

Leben mit Wirbelgleiten: Tipps für den Alltag

Wenn du unter einem leichten bis mittleren Wirbelgleiten leidest, kannst du einiges tun, um Schmerzen vorzubeugen beziehungsweise sie zu minimieren. Achte immer auf eine aufrechte Haltung. Vermeide Übergewicht – denn deine Wirbelsäule muss jedes Gramm tragen. Wenn du außerdem regelmäßig leichte Übungen machst, stärkst du deine Muskulatur und kannst bestehende Beschwerden eindämmen und im Idealfall das Entstehen verhindern.

Übungen bei Gleitwirbel-Schmerzen: So linderst du Beschwerden

Gegen Wirbelgleiten helfen einige Übungen, die du leicht in deinen Alltag integrieren kannst. Sie dauern nicht zu lange, können aber, wenn du sie dauerhaft machst, die mit dem Wirbelgleiten einhergehenden Schmerzen lindern. Wenn du also unter Wirbelgleiten in der LWS (Lendenwirbelsäule) leidest, findest du hier geeignete Übungen.

Der gedehnte Hüftbeuger

Schritt 1

Gehe in den Kniestand. Stelle das linke Bein im 90-Grad-Winkel vor dir auf, während du das rechte Bein nach hinten abgewinkelt auf dem Boden ablegst (den Fuß gestreckt). Nimm dir bei Bedarf einen Hocker zur Stabilisierung zur Hilfe.

Schritt 2

Schiebe den Oberkörper – er bleibt aufgerichtet – zusammen mit dem Becken langsam nach vorne. Halte die Position etwa eine Minute. Achte dabei darauf, nicht ins Hohlkreuz zu gehen.

Schritt 3

Mache das Gleiche nun entsprechend mit der anderen Seite (rechtes Bein nach vorn, linkes Bein nach hinten). Die Dehnung sollte spürbar, aber auf keinen Fall schmerzhaft sein. Bei dieser Übung gegen Wirbelgleiten werden die Hüftbeuger gedehnt, der Zug auf die Lendenwirbelsäule – und damit auf den Gleitwirbel – lässt nach.

2 Minuten

Oberschenkelinnenseitendehner

Schritt 1

Gehe in den Unterarmstütz (die Knie sind körperbreit auf dem Boden, die Unterarme und Hände schulterbreit ebenfalls auf dem Boden abgelegt).

Schritt 2

Spreize die Beine langsam auseinander, bis du Spannung auf deinen Oberschenkelinnenseiten spürst. Sie ist gewollt. Du solltest aber auf keinen Fall Schmerzen haben. Wenn du willst, kannst du die Spannung noch verstärken, indem du das Gesäß langsam nach hinten schiebst. Gehe aber nur so weit, wie du es gut aushalten kannst.

Schritt 3

Halte die Spannung mindestens 15 Sekunden und wiederhole die Übung drei- bis viermal. Diese Übung gegen Wirbelgleiten reduziert die Hohlkreuzstellung und entlastet so den Gleitwirbel.

2 Minuten

Stabilisator

Schritt 1

Gehe in die Rückenlage. Um es dir etwas bequemer zu machen, kannst du eine Matte oder ein Handtuch unterlegen. Die Füße sind flach auf dem Boden aufgestellt, die Arme legst du locker neben dich.

Schritt 2

Drücke deine Lendenwirbelsäule auf den Boden, dabei zeigt das Kinn in Richtung Brust.

Schritt 3

Strecke das rechte Bein aus (das Knie nicht ganz durchdrücken) und ziehe es dann langsam wieder zu dir heran. Mache die Übung auf jeder Seite viermal und wiederhole das Ganze dreimal. Mithilfe dieser Übung gegen Wirbelgleiten kannst du die Lendenwirbelsäule kräftigen und stabilisieren.

1 Minute

Fazit

Wirbelgleiten ist sehr unangenehm und kann zu starken Schmerzen führen. Zögere deshalb nicht, sondern gehe rechtzeitig zum Arzt und lass dich beraten. Es gibt einiges, was du tun kannst, damit die Schmerzen nicht schlimmer werden und im Idealfall vielleicht sogar wieder verschwinden.

Oft gefragt

Karin Pütz
Medical Writerin
Autor

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Literatur und weiterführende Informationen