Pflegegrad bei einem Stoma? Anforderungen & Tipps
Einleitung
Das Leben mit einem Stoma stellt Betroffene oft vor große Herausforderungen. Während einige Stomaträger ihre Pflege und den Wechsel der Stomabeutel selbstständig meistern, benötigen andere durch zusätzliche gesundheitliche Probleme oder körperliche Einschränkungen Unterstützung im Alltag. In solchen Fällen kann die Beantragung eines Pflegegrades notwendig sein, um die benötigte Hilfe zu erhalten. Wir klären auf, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um mit einem künstlichen Darmausgang (Kolostoma und Ileostoma), einem Urostoma oder einem Tracheostoma einen Pflegegrad zu erhalten und welche Schritte du für die Antragstellung beachten solltest.
Stomaträger sind nicht automatisch pflegebedürftig.
Der Grad der Pflegebedürftigkeit bei einem Stoma ist davon abhängig, wie stark deine Selbständigkeit eingeschränkt ist.
Der Antrag auf einen Pflegegrad wird bei der Pflegeversicherung gestellt. Die Pflegeversicherung teilt dann den Pflegegrad auf Basis eines Gutachtens zu.
Bereite die Begutachtung gut vor, indem du Arztbriefe, Medikationsplan und mögliche Beispiele für deine Einschränkungen vorzeigen kannst.
Stomaträger können bei zugeteiltem Pflegegrad vom Entlastungsbeitrag, Pflegegeld, Pflegesachleistung, Pflegehilsmittelpauschale sowie Leistungen zur Kurz- und Langzeitpflege profitieren.
Welche Voraussetzungen sind für einen Pflegegrad notwendig?
Um Leistungen aus der Pflegeversicherung zu erhalten, musst du folgende Voraussetzungen erfüllen:
Der Betroffene ist in seinem Alltag eingeschränkt und benötigt Unterstützung.
Die Pflegeunterstützung wird über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten oder länger benötigt.
Der Betroffene hat über 10 Jahre mindestens 2 Jahre Beiträge an die Pflegeversicherung gezahlt oder war über die Familienversicherung abgesichert.
Pflegegrad bei Stoma beantragen
Schritt 1: Antrag stellen
Unabhängig davon, ob du einen Erstantrag stellst oder deinen bestehenden Pflegegrad erhöhen möchtest: Du musst einen Pflegegrad-Antrag bei deiner Pflegeversicherung einreichen, die an deine Krankenkasse angegliedert ist. Privatversicherte stellen bei ihrem Versicherungsunternehmen den Antrag.
Schritt 2: Begutachtung durch den Medizinischen Dienst
Für die Begutachtung kommt ein Mitarbeiter des Medizinischen Diensts in das Wohnumfeld und macht sich einen Eindruck von der Pflegesituation und den Einschränkungen im Alltag.
Schritt 3: Zustellung des Pflegegrad-Bescheids und des Gutachtens
Die Pflegeversicherung folgt in der Regel der Empfehlung des Gutachtens und stellt dir auf dem Postweg das Ergebnis zu. Bei Bewilligung des Pflegegradantrags gelten die Leistungen der Pflegekasse rückwirkend zum Tag des Antrags. Falls du mit der Einstufung nicht einverstanden bist, kannst du innerhalb von 30 Tagen Widerspruch gegen den Bescheid einlegen.
Wichtige Dokumente für die Beantragung
Stelle alle Patientenunterlagen wie Arztberichte und Medikationsplan zusammen, um den Krankheitsverlauf und die damit verbundenen Einschränkungen des Patienten zu dokumentieren.
Beobachte auch deinen typischen Tagesablauf und notiere, welche Pflegemaßnahmen notwendig sind und allein nur mühsam bewältigt werden können. So kannst du dazu beitragen, dass bei der Begutachtung nichts vergessen wird.
Hauptkriterien für die Begutachtung des Pflegegrads
Eine Pflegebedürftigkeit wird durch Einschränkungen in folgenden Lebensbereichen ermittelt:
Mobilität: Der Gutachter prüft, ob du dich in deiner Wohnung selbstständig fortbewegen kannst und ob du Treppensteigen bewältigst. Hierbei wird untersucht, ob du Schwierigkeiten beim Aufstehen hast oder dich beim Gehen an Möbeln festhalten musst. Deine motorischen Fähigkeiten, wie die Körperkraft und die Koordination, werden ebenfalls bewertet.
Kommunikative und kognitive Fähigkeiten: Der Gutachter beurteilt deine Sprech-, Sprach- und Hörfähigkeit und stellt Fragen zur räumlichen sowie zeitlichen Orientierung.
Auffälliges Verhalten und psychische Einschränkungen: Dieser Punkt umfasst die notwendige Unterstützung, die du benötigst, um Impulse zu steuern, innere Spannungen abzubauen und belastende Gefühle oder Panik zu bewältigen. Diese Aspekte können durch das Vorhandensein eines Stomas oder die zugrunde liegende Erkrankung beeinflusst werden.
Selbstversorgung: Hier wirst du dazu befragt, ob du in der Lage bist, dich selbst zu versorgen, insbesondere bei der Nahrungsaufnahme. Bei einem Stoma ist es wichtig, dass du deine Ernährung selbstständig anpassen kannst, wenn es nötig ist. Auch die körperliche Pflege, die durch ein Stoma deutlich erschwert sein kann, fällt in diesen Bereich.
Krankheitsbewältigung und selbstständiger Umgang mit Therapieanforderungen: Der Gutachter überprüft, wie du mit deiner Erkrankung umgehst und ob du in der Lage bist, ärztlich verordnete Therapien ohne Hilfe umzusetzen. Dazu zählen auch das selbstständige Richten und Einnehmen der verordneten Medikamente.
Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte: Hier wird überprüft, ob du abends selbstständig schlafen gehst, deinen Hobbys nachgehst und soziale Kontakte pflegst.
Wie viele Punkte entsprechen welchem Pflegegrad bei einem Stoma?
Pflegegrad 1: 12,5 bis weniger als 27 Punkte
Es handelt sich um eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit nur leichten körperlichen Einschränkungen. Du erhältst den Entlastungsbeitrag, aber noch kein Pflegegeld bzw. Pflegesachleistungen.
Pflegegrad 2: 27 bis weniger als 47,5 Punkte
Es handelt sich um eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Die Selbstversorgung kann weitgehend selbstständig erfolgen, bei einigen Aufgaben ist aber Unterstützung notwendig. Ab Pflegegrad 2 besteht Anspruch auf Pflegegeld, Pflegesachleistung oder eine Kombination aus beidem.
Pflegegrad 3: 47,5 bis weniger als 70 Punkte
Es handelt sich um eine schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Im Alltag wird beispielsweise Unterstützung beim Toilettengang, Waschen und der Essenszubereitung notwendig.
Pflegegrad 4: 70 bis weniger als 90 Punkte
Es handelt sich um eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Für nahezu alle Alltagsverrichtungen wird Hilfe benötigt.
Pflegegrad 5: 90 bis 100 Punkte
Hier handelt es sich um schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit mit speziellen Anforderungen an die Versorgung. Häufig sind die Pflegebedürftigen bettlägerig und komplett auf fremde Hilfe angewiesen.
Einfluss eines Stomas auf den Alltag
Ein Stoma kann den Alltag auf verschiedene Arten beeinflussen, je nachdem, wie gut der Betroffene mit der neuen Situation zurechtkommt. Viele Stomaträger entwickeln mit der Zeit Routinen und bewältigen die täglichen Anforderungen selbstständig. Sie kommen gut mit dem Wechseln und Entsorgen der Stomabeutel klar und integrieren die Pflege nahtlos in ihren Alltag. Für andere hingegen kann ein Stoma eine größere Herausforderung darstellen. Insbesondere Menschen mit zusätzlichen gesundheitlichen Einschränkungen, ältere oder psychisch stark belastete Personen fällt es oft schwer, die nötige Pflege eigenständig zu leisten und selbstständig den Haushalt zu führen. Für sie ist die Unterstützung durch Angehörige oder professionelle Pflegekräfte entscheidend, um den Alltag zu bewältigen.
Pflegegrad bei einem Stoma
Enterostoma: Der Pflegegrad (ehemals Pflegestufe) bei Darmkrebs und Stoma sowie bei anderen Erkrankungen, die einen künstlichen Darmausgang notwendig machen, ist abhängig vom Grad deiner Einschränkungen im Alltagsleben. Der Pflegegrad hängt davon ab, ob und wie stark du auf fremde Hilfe angewiesen bist.
Urostoma: Der Pflegegrad ist ebenfalls abhängig vom Grad der Einschränkung. Die Chancen stehen aber gut, zumindest einen Pflegegrad 1 zu erhalten.
Tracheostoma: Werden Menschen lange künstlich beatmet oder leiden an schweren Schluckstörungen, ist häufig ein Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) notwendig. Betroffene Personen atmen dann über einen künstlichen Zugang (Tracheostoma) und über die Trachealkanüle. Ein Tracheostoma ist immer mit einem hohem Pflegegrad verbunden, da betroffene Personen stark in ihrem Alltag und der Selbstversorgung eingeschränkt sind.
Ab Pflegegrad 1 steht der Entlastungsbetrag zur Verfügung, der zur Finanzierung einer Haushaltshilfe genutzt werden kann. Wenn du Pflegegrad 2 bis 5 hast, kannst du zusätzlich zum Entlastungsbeitrag einen Anteil des Budgets der Pflegesachleistungen (Umwandlungsanspruch) für eine Haushaltshilfe einsetzen. Sollte kein Pflegegrad vorliegen, kann die Krankenkasse eine Haushaltshilfe bezahlen, wenn der Gesundheitszustand dies vorübergehend erforderlich macht.
Tipps für einen angemessenen Pflegegrad bei einem Stoma
Dokumentiere deinen Pflegeaufwand: Halte genau fest, wie viel Zeit und Aufwand du täglich in die Stomapflege investierst. Dazu gehören das Reinigen der Haut, das Wechseln und Entleeren der Stomabeutel sowie alle begleitenden Hygienemaßnahmen.
Beschreibe körperliche und psychische Belastungen: Führe ausführlich auf, wie sich das Stoma auf deine körperliche Mobilität und psychische Gesundheit auswirkt. Berichte beispielsweise über Schmerzen, Hautreizungen oder emotionale Belastungen durch die Umstellung auf das Leben mit Stoma. Erwähne auch, wenn du nicht mehr im gleichen Maße am sozialen Leben teilnehmen kannst, wie es vor dem Stoma der Fall war.
Führe ein Pflegetagebuch: Ein detailliertes Pflegetagebuch, das den täglichen Pflegeaufwand und die Unterstützung durch Angehörige oder Pflegekräfte dokumentiert, kann hilfreich sein, um den tatsächlichen Bedarf aufzuzeigen.
Arztberichte und Gutachten einreichen: Reiche alle relevanten medizinischen Unterlagen, Gutachten und Berichte von deinem Arzt ein, die deine gesundheitliche Situation und deinen Pflegebedarf detailliert beschreiben.
Pflegegradrechner benutzen: Der Sozialverband Deutschland bietet auf seiner Homepage einen Pflegegradrechner an. Das Online-Tool führt dich Schritt für Schritt durch die relevanten Fragen und liefert dir auch eine unverbindliche Auswertung. Mit diesen Informationen kannst du die Vorgehensweise bei der MDK-Begutachtung besser nachvollziehen.
Hilfe bei der Antragstellung suchen: Hol dir Unterstützung bei der Antragstellung, beispielsweise von einem Pflegeberater oder einem Pflegestützpunkt. Sie können dir helfen, den Antrag präzise und vollständig auszufüllen und wichtige Informationen einzureichen.
Fazit
Die Beantragung eines Pflegegrades für Stomaträger (früher Pflegestufe wegen Stoma) erfordert eine sorgfältige Vorbereitung und die genaue Dokumentation des Pflegebedarfs. Indem du die notwendigen Voraussetzungen erfüllst und alle relevanten Informationen strukturiert einreichst, kannst du sicherstellen, dass dein Pflegebedarf fair und angemessen beurteilt wird. Ein Stoma kann den Alltag erheblich beeinflussen, deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig Unterstützung zu suchen und alle verfügbaren Hilfsmittel zu nutzen, um die Lebensqualität zu verbessern.
Oft gefragt
Unsere Spezialisten beraten Dich gerne über die von Deinem Arzt empfohlenen Hilfsmittel.