Parese: Definition, Bedeutung und Behandlung
Einleitung
Bei einer Parese kommt es zu einer unvollständigen Muskellähmung mit Kraftverlust. Sie kann in verschiedenen Körperregionen auftreten und dich je nach Ausprägung mehr oder weniger stark beeinträchtigen. Hier geben wir dir und betroffenen Angehörigen wichtige Informationen an die Hand, um die Ursachen und Auswirkungen einer Parese auf den Alltag zu verstehen und zu bewältigen. Zudem werfen wir einen Blick auf die Forschung, die immer mehr Lösungen auch für schwer betroffene Patienten bietet.
Parese-Definition: Die Parese ist eine unvollständige Muskellähmung mit Kraftverlust, die verschiedene Körperregionen betreffen und den Alltag erheblich beeinträchtigen kann.
Zahlreiche Erkrankungen oder Verletzungen wie Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Bandscheibenvorfall, Multiple Sklerose, Infantile Cerebralparese, Tumore und Infektionen können eine Parese auslösen.
Verschiedene Behandlungsansätze helfen, die Muskelfunktion zu verbessern und die Beweglichkeit zu fördern. Je nach Ursache der Parese kann auch eine Operation notwendig sein.
Aktuelle Forschungsergebnisse z.B. aus der Gentherapie oder der Stammzellentherapie lassen Hoffnung auch für die Behandlung schwerer Paresen aufkommen.
Was ist eine Parese?
Wenn du eine Parese hast, fällt es dir schwer, bestimmte Muskeln oder Muskelgruppen zu bewegen. Die Muskeln sind unvollständig gelähmt. Dies führt zu einer verringerten Muskelkraft und beeinträchtigt erheblich deine Bewegungsfähigkeit.
Ganz alltägliche Bewegungen wie das Anheben eines Arms, das Greifen von Gegenständen oder das Gehen können schwerfallen und erfordern erheblich mehr Anstrengung und Konzentration. Betroffene Patienten beschreiben den Zustand so, als ob der Muskel nicht vollständig auf die Anweisungen des Gehirns reagiert – man gibt dem Muskel den Befehl, sich zu bewegen, doch er führt ihn nur teilweise oder gar nicht aus.
Wenn es sich um eine vollständige Lähmung handelt, sprechen Mediziner von einer Paralyse oder Plegie. Dies bedeutet, dass die Bewegungsfähigkeit in dem betroffenen Bereich vollständig verloren gegangen ist. Unabhängig davon, ob es sich um eine Parese oder Plegie handelt, ist es wichtig, sich frühzeitig medizinische Unterstützung zu suchen, um die bestmöglichen Behandlungschancen zu nutzen.
Unterteilung der Paresen nach dem Ort der Schädigung
Zentrale Parese: Das 1. motorische Neuron ist von der Schädigung betroffen. Die zentrale Parese betrifft somit eine Schädigung im zentralen Nervensystem. Leitsymptome sind u.a. eine Spastik, ein erhöhter Muskeltonus und Muskeleigenreflexe.
Periphere Parese: Der Nerv ist außerhalb des zentralen Nervensystems im Bereich des 2. Motoneurons geschädigt.
Unterteilung der Paresen abhängig vom betroffenen Körperteil
Monoparese: Es ist nur ein einzelner Arm oder ein einzelnes Bein von der Parese betroffen.
Paraparese: Es sind symmetrisch beide Gliedmaßen gleichzeitig betroffen. Entweder beide Arme oder beide Beine. In den meisten Fällen tritt die Paraparese an den Beinen auf. Du kannst dadurch Schwierigkeiten beim Gehen oder Stehen haben, was deinen Alltag stark beeinflussen kann.
Hemiparese: Wenn Arm und Bein einer Körperhälfte, also entweder die linke oder rechte Seite, betroffen ist, spricht man von einer Hemiparese. Diese Form kann zum Beispiel nach einem Schlaganfall auftreten.
Tetraparese: Bei einer Tetraparese sind alle vier Gliedmaßen betroffen, also sowohl die Arme als auch die Beine. Diese Form ist besonders herausfordernd und kann durch verschiedene Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder schwere Hirnverletzungen verursacht werden.
Faziale Parese: Bei der Fazialisparese handelt es sich um eine Teillähmung des Gesichtes. Diese äußert sich oft durch hängende Mundwinkel oder ein unvollständiges Schließen des Auges. Häufig ist nur eine Gesichtshälfte betroffen. Die Ursachen sind vielfältig und können im zentralen und peripheren Nervensystem liegen. Eine der häufigsten Ursachen einer zentralen Fazialisparese ist der Schlaganfall.
Ursachen einer Parese: Ein Überblick
Die Schädigung eines Nervs kann verschiedene Ursachen haben wie z.B. Druckschäden, Blutungen oder Infektionen im zentralen oder entlang des peripheren Nervensystems. Manche Ursachen bestehen von Geburt an, andere wiederum sind im Laufe des Lebens erworben. Wir stellen die häufigsten Auslöser von Paresen vor.
Bei folgenden Erkrankungen können Paresen auftreten:
Ein Schlaganfall kann durch eine Unterbrechung der Blutzufuhr zum Gehirn oder durch eine Blutung im Gehirn verursacht werden, was zu einem Verlust der Muskelkontrolle in verschiedenen Körperregionen führen kann. Betroffene können Paresen oder sogar Plegien in einer Körperhälfte entwickeln.
Schädel-Hirn-Trauma
Hier führt eine Verletzung des Gehirns durch äußere Einflüsse zu einer Beeinträchtigung der Nervenfunktion und damit zu Paresen.
Plexusschäden
Im Rumpfbereich gibt es 4 Plexus, die Nervenfasern aus den Spinalnerven (sie verbinden das Rückenmark mit dem Körper) neu zusammenfasst und in einem einzigen Nerv bündelt. Bildlich kannst du dir einen Plexus wie eine elektrische Verteilerdose im Haus vorstellen. Wird diese Schaltstelle für die Versorgung eines Armes oder Beines z.B. durch Verletzungen, Tumore oder Autoimmunreaktionen geschädigt, kann es zu einer Plexusparese kommen.
Ein Bandscheibenvorfall verursacht Druck auf die Nerven im Spinalkanal und kann zu schmerzhaften Paresen in den betroffenen Extremitäten führen.
Durch eine Schädigung des Rückenmarks kann es zu einer teilweisen oder vollständigen Lähmung unterhalb der Verletzungsstelle kommen. Dies kann sowohl die Rumpfmuskulatur als auch die Gliedmaßen betreffen.
Multiple Sklerose (MS)
MS ist eine autoimmune Erkrankung, bei der das Immunsystem die schützenden Myelinscheiden der Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark angreift. Dies kann zu Paresen an unterschiedlichen Körperteilen führen.
Infantile Cerebralparese (frühkindliche Hirnschädigung)
Die infantile Cerebralparese (ICP) ist eine dauerhafte, nicht fortschreitende Bewegungsstörung, die durch eine frühkindliche Schädigung des Gehirns verursacht wird. Sie tritt in der Regel vor, während oder kurz nach der Geburt auf. Die infantile Cerebralparese wird durch Symptome beschrieben, die die motorische Entwicklung und Muskelkontrolle des betroffenen Kindes einschränken. Aber auch Störungen beim Sehen, Hören, Sprechen oder im Bereich des Verhaltens sind möglich. Bei der Cerebralparese hängen die Lebenserwartung und Prognose stark davon ab, wie stark das Gehirn geschädigt wurde. Die Ausprägungen reichen von leichten Einschränkungen bis hin zu starken Behinderungen.
Tumore
Tumore können Druck auf Nerven ausüben und deren Funktion beeinträchtigen, was zu Paresen führen kann.
Epilepsie
Nach einem epileptischen Anfall kann eine vorübergehende Lähmung, die sogenannte Toddsche Parese, auftreten. Sie betrifft in der Regel eine Körperseite und äußert sich in einer Schwäche oder vollständigen Lähmung der Muskeln. Diese Lähmung kann von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden andauern, vergeht jedoch in der Regel innerhalb von 48 Stunden vollständig.
Infektionen
Krankheitserreger wie Bakterien, Viren oder andere Mikroorganismen können Entzündungen im Nervensystem hervorrufen, was zur Schädigung der Nerven und damit zu Lähmungserscheinungen führt. Beispiele für solche Infektionen sind die Poliomyelitis oder die Lyme-Borreliose.
Beim Karpaltunnelsyndrom kommt es zu Lähmungen durch eine Kompression des Nervus medianus im Karpaltunnel, einem engen Durchgang im Handgelenk. Dies führt zu verminderter Muskelkraft und Beweglichkeit in den von diesem Nerv versorgten Muskeln der Hand.
Typische Symptome und Beschwerden bei Paresen
Das leitende Parese-Symptom ist die Verminderung der Muskelkraft in einem oder mehreren Körperteilen. Für Betroffene macht sich dies im Alltag auf vielseitige Weise bemerkbar.
Bei einer länger bestehenden Parese kommt es zum fortschreitenden Abbau der Muskelmasse, da die betroffenen Muskeln nicht ausreichend genutzt werden. Hinzu kommt oft ein bindegewebiger Umbau der Muskelfasern (Fibrosierung) und vermehrte Fetteinlagerungen. Diese Prozesse verschlimmern sich mit dem Schweregrad der Lähmung und treten schneller bei starken Lähmungen auf.
Zudem können bei Schädigungen des zentralen Nervensystems, wie sie bei Multipler Sklerose oder nach einem Schlaganfall auftreten, Spastiken entstehen. Die Spastik äußert sich durch eine erhöhte Eigenspannung in den Muskeln. Die betroffenen Muskeln werden steif. Dies beeinträchtigt sowohl die Bewegungen, das Gleichgewicht und die Körperhaltung. Manchmal ist auch das Sprechen von einer Spastik betroffen.
Behandlungsmöglichkeiten bei Parese
Konservative Behandlung (Physiotherapie, Medikamente)
Zu den konservativen Behandlungsmöglichkeiten von Paresen zählen verschiedene Formen der Bewegungstherapie und Medikamente. Durch gezielte physiotherapeutische Übungen kann die Muskelkraft verbessert und Beweglichkeit erhalten werden. Heutzutage stehen aber auch innovative Therapiekonzepte zur Verfügung, die individuell auf die Erkrankung angepasst werden. Ergänzend dazu können Medikamente zur Linderung von Schmerzen und Spastiken beitragen. Eine psychologische Begleitung kann helfen, die Folgen der Erkrankung besser zu bewältigen.
Chirurgische Eingriffe
In einigen Fällen kann ein chirurgischer Eingriff erforderlich sein, um die Ursache der Parese zu beheben. Dies ist besonders dann der Fall, wenn Nervenkompressionen, Tumore oder Verletzungen die Lähmungserscheinungen verursachen.
Rehabilitation und langfristige Betreuung
Bei Paresen schließt sich nach der Erstbehandlung meist eine anschließende Rehabilitationsmaßnahme an. Je nach Einschränkungen durch die Lähmung müssen Betroffene lernen, wie sie sich selbstständig waschen, anziehen oder das Essen zubereiten. Aber auch nach der Reha ist häufig eine dauerhafte medizinische Betreuung erforderlich, um die Lebensqualität zu erhalten und zu steigern.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten können Ergotherapie und Logopädie sein.
Tipps im Umgang mit Parese im Alltag
Um die Selbstständigkeit im Alltag trotz einer Parese zu erhalten, ist es wichtig, frühzeitig geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dies betrifft sowohl deine Therapie als auch die Umgestaltung deines häuslichen und beruflichen Umfelds. Dabei hilft dir, wenn du einen Grad der Behandlung (GdB) oder auch einen Pflegegrad beantragst. Dir steht bei Einschränkungen nicht nur finanzielle Unterstützung zu, sondern auch Zugang zu Hilfsmitteln und Pflegesachleistungen, die deinen Alltag erleichtern können.
Hilfsmittel erleichtern den Alltag
Für alle Arten der Parese und der damit verbundenen Einschränkungen stehen Hilfsmittel für den Alltag zur Verfügung. Wir beraten dich gerne, wie wir dich in deiner Situation unterstützen können. Hier nur einige Beispiele:
Orthopädische Schuhe
Rollatoren oder Rollstühle
Alltagshilfen für Schlaganfallpatienten, die bei einer Hemiparese Hilfsmittel benötigen, die mit einer Hand zu bedienen sind
Medizintechnische Hilfen wie z.B. Stimulationssysteme bei einer Fußheberschwäche
Hilfsmittel zur Ausübung einer Sportart
Lass dich zu deinen individuellen Möglichkeiten beraten.
Erfahrungsberichte und persönliche Geschichten
Selbsthilfegruppen bieten eine großartige Plattform, um Ratschläge und Unterstützung zu erhalten. Sich mit anderen Betroffenen zu vernetzen, kann Mut machen und neue Wege für den Umgang mit einer Parese im Alltag eröffnen.
Aktuelle Forschungsansätze und zukünftige Behandlungsmethoden
Die Parese-Forschung ist ein dynamisches Feld, das ständig neue Methoden zur Verbesserung der Lebensqualität Betroffener entwickelt. Zukünftige Behandlungsmethoden haben das Potenzial, das Leben betroffener Patienten maßgeblich zu verändern und Bewegungen wieder zu ermöglichen.
Stammzelltherapie: Die Verwendung von Stammzellen ist eine Möglichkeit, geschädigte Nervenzellen zu regenerieren und damit Lähmungen zu mindern oder sogar zu heilen. Diese Therapie befindet sich noch in der Entwicklungsphase, zeigt aber vielversprechende Ergebnisse in ersten Studien. Laut dem Neurochirurg Mohamad Bydon kann bei Patienten mit Rückenmarksverletzungen bereits eine geringfügige Verbesserung mehr Lebensqualität bedeuten.
Neuroelektronische Schnittstellen: Wissenschaftler arbeiten an Schnittstellen, die es ermöglichen, Signalübertragungen künstlich auszulösen und direkt an Muskeln oder Prothesen zu senden. Dadurch könnten verlorene Funktionen wiederhergestellt werden, was insbesondere bei schweren Paresen wie der Tetraparese große Fortschritte verspricht.
Roboterassistierte Rehabilitation und Neuroprothetik: Moderne Robotik könnte die Rehabilitation wesentlich effektiver gestalten. Exoskelette und motorisierte Hilfsmittel unterstützen Patienten dabei, Bewegungen wieder zu erlernen und Muskeln gezielt zu stärken. Diese Therapieform kommt vor allem Schlaganfallpatienten und Verunfallten mit unvollständigen zentralen Paresen zugute.
Gentherapie: Ein weiterer innovativer Ansatz ist die Gentherapie. Im Tierversuch ist es Forschern bereits gelungen, Nervenverbindungen bei Verletzungen des Rückenmarks mithilfe einer Gentherapie wiederherzustellen. Vollständig querschnittsgelähmten Mäusen war es somit möglich, wieder zu laufen. In weiteren Studien wird geklärt, ob diese Ansätze zukünftig auch auf den Menschen übertragbar sind.
Fazit
Eine Parese – ob durch Krankheit oder Verletzung bedingt – kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und das Leben zum Teil erheblich beeinträchtigen. Mit frühzeitiger medizinischer Unterstützung, geeigneten Therapieansätzen und personalisierten Hilfsmitteln können jedoch zahlreiche Fortschritte erzielt werden. Die Forschung im Bereich der Parese verspricht zudem durch innovative Ansätze wie Stammzelltherapie und Gentherapie vielversprechende Zukunftsperspektiven. Betroffene sollten sich nicht scheuen, professionelle und emotionale Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um ihre Lebensqualität zu verbessern.
Oft gefragt
Unsere Spezialisten beraten Dich gerne über die von Deinem Arzt empfohlenen Hilfsmittel.